Atomwaffenverbot: «Durchsetzungsinitiative» nötig
Mit völligem Unverständnis nimmt der Schweizerische Friedensrat den heutigen Entscheid des Bundesrates zur Kenntnis, den 2021 in Kraft getretenen UNO-Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) nicht zu unterzeichnen. Mit einer fadenscheinigen Begründung – die internationale Verschlechterung der Sicherheitslage erlaube dies nicht, ein Beitritt zum Vertrag liege nicht im Interesse des Landes – weigert sich die Regierung zum wiederholten Male, die bereits vor sechs Jahren vom Parlament geforderte Ratifizierung des Vertrages einzuleiten.
Verstärkte Atomwaffenmodernisierung. Der Atomwaffenverbotsvertrag ist der wichtigste internationale nukleare Abrüstungsvertrag unserer Zeit. Er verbietet Entwicklung, Test, Produktion, Besitz, Stationierung und den Einsatz von Atomwaffen sowie die Drohung damit. Statt das Potenzial der bestehenden Massenvernichtungsmittel kon- tinuierlich zu verringern, investieren alle fünf offiziellen Atomwaffenstaaten verstärkt in die Modernisierung ihrer Waffenarsenale und entwickeln neue Waffensysteme. Das heisst, dasss die Vernichtungskapazitäten der atomaren Waffen und der Bau ihrer Einsatzträger (Raketen, U-Boote, Marschflugkörper) stark ausgeweitet werden.
Atomwaffenvereinbarungen aufgekündigt / Aufstieg Chinas. In den letzten Jahren sind sämtliche Vereinbarun- gen zwischen den atomaren Grossmächten USA und Russland aufgekündigt oder sistiert worden, zuletzt der New- START-Vertrag durch Russland, das letzte verbliebene Abkommen dieser Art. Die USA und die grösste Atommacht Russland bilden zwar weiterhin mit Abstand (zusammen 90 Prozent) den Hauptharst der Atomwaffenproduzenten und -besitzer. Doch die Ambitionen Chinas werden schnell grösser, innerhalb eines Jahres stieg deren Zahl von Sprengköpfen von 350 auf 410. Das Land hat mit einer erheblichen Ausweitung seines Atomwaffenarsenals be- gonnen und könnte potenziell Ende des Jahrzehnts über mindestens so viele ballistische Interkontinentalraketen wie die USA oder Russland verfügen.
Die russische Atomwaffendrohung. Im Gefolge des Krieges gegen die Ukraine droht Russland kaum verhüllt mit dem Einsatz von ‹taktischen› Atomwaffen gegen sein Nachbarland. Bereits hat Russland Atomwaffen in Belarus stationiert. Der Krieg gegen die Ukraine zeigt im Gegensatz zu allen offiziellen sicherheitspolitischen Doktrinen, dass Atomwaffen kein funktionierendes Instrument zur Abschreckung von Kriegen sind, sondern dass sie die fort- gesetzte Führung eines konventionellen Krieges erst ermöglichen.
«Durchsetzungsinitiative» nötig. Es ist zwar richtig, dass die bisherigen und potenziellen Atomwaffenmächte dem Verbotsvertrag nicht beigetreten sind und dies absehbar auch nicht werden. Der Atomwaffenverbotsvertrag setzt aber ein klares internationales Zeichen gegen die anhaltende Drohung mit und die Erpressung durch die besitzen- den Mächte und soll Druck auf sie ausüben, Abrüstungs- und Begrenzungsverträge einzugehen. Die unverständli- che Haltung des Bundesrates kann deshalb nicht länger hingenommen werden, weshalb sich im letzten Herbst eine Allianz gegründet hat, die auf den Frühsommer eine Atomwaffenverbots-«Durchsetzungsinitiative» vorbereitet, die den Bundesrat verpflichtet, dem Auftrag des Parlaments unverzüglich nachzukommen.
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